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Geschichte(n) umd Burg und Festung Sparrenberg (1) (von Udo Majewski)

>> Was, Sie kennen "von Cloedt" nicht? - Das sollten Sie aber als Bielefelder! <<

Jeder interessierte Bielefelder weiß um einen geheimnisvollen unterirdischen Gang vom Berg zur Stadt, den man aber bisher leider noch nicht gefunden hat! Welcher Bürger aber kennt Rabe/Raban Hermann von Cloedt (sprich Klott), den es aber nun wirklich leibhaftig gegeben hat?!

Der 30jährige Krieg war zwar offiziell beendet, aber die kriegerischen Verwicklungen wollten kein Ende nehmen. So beschloss Sonnenkönig Ludwig XIV. sich das gesamte westliche Territorium seines ehemaligen Bundesgenossen Kurfürst Friedrich Wilhelm (später "Großer Kurfürst") "unter den Nagel zu reißen".

Ludwig schickte seinen Marschall de Créqui mit so großer Übermacht über den Rhein, dass dem brandenburgischen General von Span mit seinen 12 000 Mann nichts anderes übrig blieb als zurück zu weichen. Als sich nun das französische Heer der Burg und Festung Sparenberg näherte, entblöste der Festungskommandant General von Eller mit Abzug der fast gesamten Besatzung, dem größten Teil der Kanonen und fast aller Munition die Festung, um sich auf Befehl des Kurfürsten Richtung Minden in Sicherheit zu bringen. Zurück blieb für eine sinnvolle Verteidigung der Festung ein nicht ausreichendes Häuflein von etwa 200 Mann.

- Kanonenfutter! -

Zum Festungskommandanten in dieser aussichtslosen Lage wurde ein bis dahin nicht sonderlich in Erscheinung getretener Obrist namens Rabe Hermann von Cloedt. Er bekam den Befehl, die Festungsanlage mit allen Mitteln zu halten und - wenn die Franzosen die Stadt einnehmen - diese mit den verbliebenen Kanonen und der restlichen Munition unter Beschuss zu nehmen.

Trübe Aussichten für Bielefelds Bürger. Was hätten sie wohl den 12 000 schwer bewaffneten Soldaten entgegenstellen können? Und ihre eigentlichen Beschützer auf der Festung sollten ihre Stadt beschießen? "Friendly fire" heißt das heute wohl. - Natürlich öffneten die Bürger der Übermacht des feindlichen Heeres ihre Tore; was sollten sie wohl anderes tun. Damit war die erste Aufgabe für de Créqui, Einnahme der Stadt, erfolgreich abgeschlossen. Zweite Aufgabe: Einnahme der Festung ! Wie viele Verteidiger mochten dort oben auf sie warten? Welche Verluste hatten sie zu erwarten?

Und hier schlägt die Stunde des Rabe Hermann von Cloedt! Zuerst schickt er den Unterhändler mit einer Nachricht an de Créqui zurück, die dieser nicht zu deuten weiß. Als der Unterhändler erneut zur Festung heraufsteigt, ohne die Gepflogenheiten eines Unterhändlers einzuhalten, lässt er auf ihn schießen und verletzt ihn an der Schulter. Als der französische Kommandant dann selbst bei ihm vorspricht, schickt er ihn höflich aber bestimmt zurück.

Was er dann anstellt ist eine Posse, auf die die französische Heeresleitung vollkommen hereinfällt.

Noch immer haben die Franzosen über die Größe der Besatzung auf der Festung keinen Überblick. Da entschließt sich von Cloedt, ihnen ein Schauspiel zu bieten. Zuerst lässt er auf die außerhalb der Stadt sich befindlichen Truppen mit seinen Kanonen schießen, verschont dabei aber bewusst die Stadt. Gleichzeitig lässt er am Scherpentiner (wo derzeiten wohl ein Ausfalltor bestand) gut sichtbar für die Feinde einen Trupp von ca. 40 Soldaten in eindeutig farbig zuzuordnender Kleidung mit Fahne um die halbe Festung herummarschieren, um sie durch eine andere Pforte wieder herein zu lassen.

Der erste Trupp ist noch nicht herum um die Festung, da marschiert schon das nächste Fähnlein los. Die hereingelassenen Soldaten ziehen sich in Windeseile um und zeigen sich den beobachtenden Feinden ein weiteres Mal in anderer Kleidung. So geht es eine ganze Weile. Immer wenn ein Trupp zurück ist, wird die Fahne auf einem Rondell aufgepflanzt. Wie er selbst nach Berlin berichtet, hätte der Feind annehmen müssen, dass er zu seiner den Feinden nicht bekannten Besatzung eine Verstärkung erhalten hätte, die dem Feind eine Festungsbesatzung von 600 Mann vorgegaukelt, er aber nur die ursprünglichen 220 Soldaten unter seinem Kommando gehabt habe.

Nun, die Franzosen haben darauf hin keinen direkten Angriff auf die Festung mehr durchgeführt. Ob ihnen die Aussichtslosigkeit einer Erstürmung, die vermutlich zu hohen Verluste oder aber doch vielleicht auch Bestechungsgeld mit im Spiel war, wer weiß das wirklich. Die Franzosen zogen ab. Auf Bielefeld indess fiel kein einziger Schuss aus den Kanonen der Festung.

Dass von Cloedt die Stadt wirklich aus eigenem Antrieb verschonte, geht aus seiner Rechtfertigung hervor, die er in Berlin wegen dieser Befehlsverweigerung dahingehend anfertigte *.

* Siehe Engel, Gustav, Die Ravensbergischen Landesburgen, Bielefeld, 1934, S. 147 f

Bielefeld, 29.03.2007